Es gibt etwas, das bei mir funktioniert. Kalter Entzug für 60 oder 90 Tage. Man kann nicht mit zwei kleinen Sprüngen eine Schlucht überqueren. Es braucht einen großen. Ich bin heute bei Tag 30 und mein Gürtel muss seit 14 Tagen ein Loch weiter zugemacht werden.Wüstenfuchs hat geschrieben:Im großen und ganzen finde ich den Thread ja klasse, aber ich habe leider noch nichts gefunden was mir über den Hunger/Heißhunger (auch auf Süßes) hinweg hilft. Wenn jemand da einen guten Tip hat, Reductil gibt es ja nicht mehr.
Heißhunger ist etwas ganz anderes als Hunger. Er verdient die Buchstaben "h-u-n-g-e-r" nicht. Ich habe ihn seit Wochen nicht mehr erlebt. Gar nicht mehr. Ich habe jetzt ein gesundes Hungergefühl. Das ist etwas grundlegend anderes, gesundes, antreibendes. Wie ein Gentleman-Werwolf, der eine Jungfrau riecht, und sich grinsend überlegt, wie er sie verführt, und nicht, wie ein Junkie, der sich heute noch keinen Schuss gesetzt hat.
Ich habe die letzten Jahrzehnte mindestens 130 Kilogramm Schokolade pro Jahr gegessen und befand mich permanent auf der Insulin-Achterbahn. Supermarktschokolade wie Kinderschokolade oder Schokobons. Dabei war ich immer schlank und habe erst mit 30 leichtes, aber zunehmendes Viszeralfett entwickelt. Muskelaufbau hat nicht geklappt, trotz gutem Trainingsplan und genug Kalorien.
Aufgehört habe ich über tausend Mal für einen Tag. Drei Tage durchhalten konnte ich vielleicht hundert Mal. Eine Woche lang habe ich höchstens sechs Mal durchgehalten. Nun scheint es von Dauer zu sein.
Der Unterschied ist für mich überwältigend. Emotional, intellektuell, sexuell, körperlich, alles ist anders. Und ich stehe erst noch am Anfang. Sogar die Muskeln werden langsam stärker und ich lerne ganz andere Frauen kennen. Als nächstes verbanne ich Getreide aus meiner Ernährung. Hiermit bin ich etwa bei Tag 7. Ich bin diesen Schritt nicht bewusst, sondern intuitiv gegangen. Früher habe ich an manchem Tag ein Kilogramm Industrie-Grießbrei gegessen. Als nächstes beginne ich mit körperlichem Training und mit Kaltduschen. Erste Versuche verliefen vielversprechend. Damit wird alles nochmals besser.
Ich habe viele Umstände in meinem Leben geradebügeln müssen, um nach vielen Fehlschlägen endlich Erfolg zu haben. Das ist nicht zu unterschätzen. Man kann das sicherlich viel schneller schaffen als ich, wenn man von Anfang an alles richtig macht.
Falls Interesse besteht, kann ich versuchen, die Dinge zu ordnen und niederzuschreiben, die meiner Meinung nach eine Rolle gespielt haben. Ich kann bei vielen Fehlschlägen sagen, woran sie gelegen haben, das heißt, wo ich ansetzen musste, um nicht auf die gleiche Art zu scheitern oder zumindest die Erfolgswahrscheinlichkeit zu verbessern.
Wesentlich war zum Beispiel, dass ich es schaffte, die Schokolade gar nicht erst zu kaufen. War sie in meinem Besitz, dann fraß ich sie auch früher oder später.
Den Ausschlag gab, dass ich so manche Nacht vor Sodbrennen heulend im Bett oder kotzend über dem Waschbecken verbrachte, weil mein Körper den braunen Glibber nicht haben wollte. Und, dass ich hart auf die 40 zugehe, mich sexuell aber nur zu seelisch und körperlich gesunden Frauen hingezogen fühle, die meist in den Zwanzigern sind. Ein Junkie zu sein, passt weder zu gesunden Frauen, noch zu meinem Selbstbild oder zu meinen Wünschen. Eine solch erbärmliche Schwäche will ich niemandem antun. Auch nicht mir selber.
Zuckerjunkie und Schokojunkie klingen zwar niedlich und gesellschaftlich akzeptiert, aber glaub mir, das ist eine echte Sucht. Ein Grund, nicht wieder damit anzufangen, ist, dass ich die Entzugsphase nicht nochmal erleben will. Das war vielleicht ein Ritt... Ich weiß noch immer nicht, wie ich es geschafft habe. Dass man von vielen Seiten nicht ernstgenommen wird, hilft auch nicht gerade weiter.
Kurzform: Ich nutzte eine zehntätige Geschäftsreise in ein fernes, andersartiges Land, mit viel Jetlag beim Rückflug. Ich weiß aus Erfahrung, dass es mir während dieser Zeit leicht fällt, mit Zucker und Schokolade aufzuhören. Die allerheißteste Phase, die ersten drei Tage, waren damit geschafft. Allein die Anreise dauerte 24 Stunden. Und auch die heißen 10 Tage danach fielen in die Reisezeit, beziehungsweise in die Erholung vom Jetlag. Als ich wieder im Alltag ankam, war das Schlimmste vorüber. Ich war geschwächt, meine Biochemie durcheinander, Zuckerschübe und viele Kalorien fehlten, aber ich wusste, dass sich das wieder legen würde, und genau so war es auch. Ich aß viel Gutes als Ersatz. Nach rund 24 Tagen war die Sucht unter Kontrolle. Es ist noch nicht vorbei, aber ich die Suchtkontrolle ist zur Nebensache geworden. Ich muss nicht mehr kämpfen, ich brauche bloß keine Dummheiten zu machen.
Ich denke gerade darüber nach, was sich alles geändert hat.
Der Schwanz funktionierte nach zehn Tagen gar nicht mehr und schrumpfte so klein, wie nie zuvor. Ich hatte zahlreiche Krankheitssymptome und es ging mir einfach dreckig. Tinnitus, die kompletten Grippesymptome, Magen-Darm-Symptome, Herz, Atemwege, der Verstand funktionierte kaum, von einem gesunden Temperaturempfinden war nicht zu sprechen und wo der üble Geruch herkam, weiß ich bis heute nicht.
Ab Tag 24 ungefähr, kehrte sich alles ins Gegenteil. Der Verstand funktioniert auf einmal dauerhaft fast so gut, wie auf einem Schokohoch. Alles wurde besser, einschließlich Schwanz. Die Reaktionen von Frauen auf mich hat sich deutlich verbessert und Orgasmen sind erheblich tiefer, länger und intensiver. Nur auf meine Körpertemperatur muss ich besser aufpassen. Wo ich früher leicht bekleidet durch den Winter ging, brauche ich heute bei Wind eine Jacke und oft auch eine Mütze.
Oh, und heilte meine Haut früher schon ungewöhnlich schnell nach Verletzungen, so fühle ich mich heute wie Wolverine. Mein spärliches Brusthaar hat sich zudem verdreifacht. Meine Reaktionszeit, früher schon schnell, ist noch schneller geworden. Die innere Ruhe hat sich am meisten verbessert und geht in Richtung Zen-Meister. Jetzt fehlt nur noch mehr Muskelkraft und Zitterfreiheit. Ob das klappt, wird sich zeigen. Die Augenringe sind auch besser geworden. Ob sie ganz weggehen, bezweifele ich. Sie scheinen langsam gut genug zu werden. Muskelbelastung fühlt sich jetzt gut an, nicht mehr überflüssig und unangenehm.
Falls Interesse besteht, kann ich versuchen, die Dinge gedanklich zu ordnen, statt nur Gedankenfetzen herunterzuschreiben, deren Zusammenhang man manchmal suchen muss. Die Veränderungen sind für mich inzwischen normal geworden, sodass ich aktiv darüber nachdenken muss, wie es in meinem "alten Leben" gewesen ist.